„Maria mit dem Einhorn“

Eines der ältesten Symboltiere, mit mythologischen und märchenhaften Zügen versehen und in theologische Ausdeutungen förmlich eingehüllt, ist das Einhorn – ein Fabelwesen, das mit seiner vielschichtigen Bedeutsamkeit seinen Reiz bis heute nicht verloren hat. Als ursprünglich fester Bestandteil indischer wie fernöstlicher kosmologischer Mythen findet die Symbolik des Einhorns Eingang in die religiösen Texte auch des Nahen Ostens: Vom Pentateuch über die Psalmen bis hin schließlich zu christlichen Heiligenlegenden bedient sich auch unser Kulturkreis des Einhorns, um unbesiegbare, göttliche Allmacht zu versinnbildlichen. Einen konkreten Bezug auf die Macht Gottes erhält das Einhorn dann insbesondere in seiner Adaption als Symbol Jesu Christi, und hier speziell in einer Verbindung ältester Symbolik – die Jungfrau mit dem Einhorn – mit der Verkündigungsszene.

 

aus: Cornelie Becker-Lamers, Maria mit dem Einhorn. Erfurts Kleinod der Kunstgeschichte. Mariendom – St. Severi – Cruciskirche (Stadtmuseum) – St. Ursula – Diözesankunstmagazin, Passau: Kunstverlag Peda 2003, zweite aktualisierte Auflage Passau 2015.

 

[Das gesamte Faltblatt, das die fünf in Erfurt erhaltenen Retabeln dieser Motivik analysiert und vergleichend erläutert, ist in der Domküsterei des St.-Mariendomes Erfurt erhältlich.]