Deutschland: Der Blaue Engel
Zusammenfassung
Es ist nicht bekannt, wer den „Blauen Engel“ entworfen hat. Mit seiner Einführung 1978 ist er das weltweit erste nationale Umweltzeichen. Seine emblematische Anlage mit inscriptio, pictura und subscriptio war darum beispielgebend für die gesamte Zeichenfamilie. Im Verlauf von 25 Jahren wurde die Umschrift des Zeichens mehrmals verändert, bis 2003 der umgangssprachliche Zeichenname in die inscriptio eingefügt wurde. Diese letzte Umgestaltung dient der Werbung, die nun die Rede über das Zeichen mit dem Zeichendesign besser vermitteln kann.
Zum Entwurf eines nationalen deutschen Umweltzeichens fand zwar 1972 ein Wettbewerb statt, der zu drei prämiierten Entwürfen renommierter Designer führte. Keiner der ausgezeichneten Entwürfe aber wurde als Umweltzeichen eingeführt. Der „Blaue Engel“ wurde vielmehr mit Erlaubnis der Vereinten Nationen, ebenfalls 1972, aus dem Signet des UNEP übernommen. Aus zeichentheoretischer Sicht ist hierbei die gelungene Desemantisierung interessant, die mit einem Teil des Zeichens vollzogen werden musste: Im Signet des UNEP nämlich steht der Kranz aus Ölzweigen für die Dachorganisation. Im deutschen Umweltzeichen ist er auf seine allgemeine symbolische Bedeutung der Friedensliebe reduziert.
Der Name „Blauer Engel“ hat sich für ein Zeichen eingebürgert, dessen Denotation ursprünglich als „Mensch in einer angestrebten daseinswürdigen Umwelt“ definiert worden war. Als – nach wie vor – einziges nationales Umweltzeichen zeigt das deutsche Emblem damit einen Menschen im Zentrum einer Umwelt. In der Tat greift es mit seiner Vorlage in Leonardos „homo in circulo ed in quadrato“ auf die Darstellung des vollkommenen Menschen als Maß seiner Umwelt zurück. Aus kultur- und typengeschichtlichen Gründen, die in der Farbgebung und der Form der Figur wurzeln, hat sich jedoch die Vorstellung eines Engels vor die Gestalt des Menschen geschoben – eine Metonymisierung, die auf die Konnotationen des Zeichens zurückwirkt: Nicht mehr die Idee des Menschen in seiner Umwelt steht nun im Vordergrund des Zeichenverständnisses, sondern der warnende, schützende oder rettende Engel.