Wolfgang Nickel. Renaissance. Handzeichnungen

Für die aktuelle Sonderaússtellung im Schloß Wilhelmsburg - dem Renaissanceschloß hoch über der Stadt Schmalkalden - hat Wolfgang Nickel seine neuesten Arbeiten unter das Thema "Renaissance" gestellt. Er wendet sich mit diesen Arbeiten wieder der Zeichenkunst zu, die er in den 1980er Jahren im Rahmen seines Studiums im Fach Malerei und Graphik der Burg Giebichenstein Halle perfektionierte. Damit verknüpft schon die Wahl der künstlerischen Mittel die bildlichen Inhalte mit dem Arbeitsthema: Es geht um Bewahrung und Wiedergewinn. Um Bewahrung und Wiedergewinn nicht nur von Bildinhalten, sondern auch von künstlerischen Techniken, die derzeit in der künstlerischen Ausbildung der deutschen Hochschulen allzusehr an den Rand gedrängt scheinen.

Im Zuge des Wiedergewinns, der ja auch die Künstler der Renaissance (zu deutsch "Wiedergeburt") antrieb, zeichnet Wolfgang Nickel bekannte Portraits großer künstlerischer Vorläufer aus der Zeit um 1500 nach: Die Handschriften von Dürer und Michelangelo (beide Jahrgang 1475) sind für den Betrachter rasch identifizierbar.

Die Kenntlichkeit der Vorbilder ist Programm: Bewußt wählt Nickel Elemente des kulturellen Gedächtnisses aus, um sie für uns im neuen Kontext zu aktualisieren.

Der neue Kontext besteht in der Verbindung mehrerer künstlerischer Techniken, die Nickel beherrscht: Die Handzeichnungen werden nämlich mit der Glaskunst verbunden, indem sie hinter großen, mit Blattsilber oder Golddruck bearbeiteten Glasscheiben erscheinen. Neben einer Markierung der Wertigkeit, die mit der Rahmung durch Gold und Silber einhergeht, leistet Nickels Fortentwicklung seiner Vorbilder ein übriges: Wer die Zeichnung betrachtet, spiegelt sich zugleich in ihrem Rahmen.

In der Plazierung der bildlich zitierten Portraits in spiegelnden Glasflächen überlagern sich für das Publikum Reflexion und Selbstreflexion. Im Betrachten und Wiedererkennen dieser Bilder geschieht eine Verortung des eigenen Selbst als kulturelle Identität.

Dr. Cornelie Becker-Lamers, Weimar

Der Text ist Bestandteil des Ausstellungsflyers und der Einladung zur Ausstellungseröffnung durch Dr. Kai Lehmann am 9. Mai 2019 um 18 Uhr.