Chor der Bilder I

Einführung in ein Kooperationsprojekt

Der Werbeaufsteller pünktlich vor der Stadtbücherei (eigenes Bild)
Nach der Einführung
Im Gespräch mit den kursteilnehmenden Kindern ...
... und Erwachsenen (Fotos Annette Schlevogt)

Stadtbücherei Weimar, Samstag, 22. März 2025, 11 Uhr

Liebe Frau Fürnberg, liebe Gäste,

ich darf Sie im Namen des Verbandes Deutscher KonzertChöre und seines Generalsekretärs, Herrn Ralf Schöne, herzlich hier inmitten eines "Chores der Bilder" begrüßen. Herr Schöne muß sich entschuldigen, er ist durch andere berufliche Verpflichtungen leider heute an der Teilnahme der Ausstellungseröffnung verhindert. Am 30. April, wenn wir den zweiten Teil des "Chores der Bilder" im Atrium eröffnen möchten, wird er aber dabei sein.

Ich vermute, daß kaum jemand eine Vorstellung vom Aufgabenbereich und den Leistungen des Verbandes Deutscher KonzertChöre hat und möchte den Verband daher kurz vorstellen. Der Verband Deutscher KonzertChöre - kurz VDKC - ist eine gemeinnützige Einrichtung und hat seine Bundesgeschäftsstelle hier in Weimar, in der Gutenbergstraße. Ralf Schöne wirkt hier seit mittlerweile 25 Jahren als Generalsekretär. Hervorgegangen ist die Verband aus Interessenvertretungen und Zusammenschlüssen konzertierender Sängervereinigungen. Als Gründungsdatum des heutigen Verbandes gilt der 7. Mai 1925 und diese Gründung fand natürlich in Berlin statt.

Derzeit vertritt der Verband insgesamt 560 Laienchöre oder semiprofessionelle Chöre als seine Mitglieder - wir reden da von rund 30 000 Sängerinnen und Sängern, die im VDKC organisiert sind - und finanziert das Tagesgeschäft voll aus den Mitgliedsbeiträgen. Die Unterstützung, die der Verband den Chören im Gegenzug bietet, bewegt sich in einer über die Jahrzehnte hinweg gewachsenen Struktur und ruht im wesentlichen auf zwei Säulen: die eine ist die Wissensvermittlung, die andere sind Dienstleistungen. Oben drauf kommen projektweise künstlerische Angebote.

Bei der Wissensvermittlung geht es um Beratungen in Sachen Betriebsstättenverordnung, Versicherungspflichten, die Forderungen der Künstlersozialkasse, neue Vorschriften bei Internetauftritten, zu Urheberrechten und Datenschutz etc. Es gibt unendlich viel zu beachten und abzusichern, wenn man eigentlich nur schön ein bißchen miteinander singen will. Regelmäßige Rundschreiben informieren die Mitgliedschöre fortlaufend über neue Entwicklungen und auch telefonisch berät Ralf Schöne, etwa zu den GEMA-Forderungen oder zu Honorarverhandlungen zwischen Mitgliedervorstand und Leitung eines Chores.

Bei den Dienstleistungen geht es um die erheblichen Vergünstigungen, die ein Zusammenschluß Gleichgesinnter immer bewirken kann. Sei es bei den Haftpflichtversicherungen, die jeder Chor zur Absicherung seiner Auftritte braucht, sei es bei den Gebühren der GEMA - die Aufführungskosten von Literatur- und Musikwerken entfallen erst, wenn der Todestag eines Autors oder Komponisten 70 Jahre lang zurückliegt -, also GEMA-Gebühren, die die Mitgliedschöre des VDKC über einen Pauschalvertrag abdecken können.

Den eigentlichen künstlerischen Gewinn bieten die alle vier Jahre stattfindenden Chorfeste, wie wir es auch in diesem Jahr wieder feiern wollen - und zur Feier des 100. Geburtstages natürlich hier in Weimar. Zu den Chorfesten bewerben sich bundesweit Mitgliedschöre des Verbandes, eine Jury wählt aus den Bewerbungen aus und das Generalsekretariat stellt unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Profile der Chöre thematisch und stilistisch runde Programmpunkte zusammen: geistliche Programme, Frühlingsprogramme, Gospel, Jazz oder klassischen Gesang, a cappella-Gesang oder instrumental begleitete Chorwerke. Durch die regelmäßigen Chorfeste ermöglicht der Verband ebenso Kontakte von Chören untereinander wie durch Angebote, in denen besonders anspruchsvolle Werke einstudiert und gemeinsam zur Aufführung gebracht werden: Werke, die kein Chor alleine stemmen und die Musiker finanzieren könnte. Das organisierte Erlebnis, von dem Sängerinnen und Sänger dann häufig lange zehren.

Immer neue workshops zu Stimmbildung, zu Themen wie Singen und Bewegung und choreographiertem Chorgesang oder was auch immer hat der VDKC im Portfolio und stellt so auch den Kontakt von Laienchören und ihren Mitgliedern zu renommierten Profichören und deren offenen Projekten her. Zuletzt war dies ein workshop mit dem RIAS Kammerchor Berlin, der ein Projekt der "Klingenden Bilder" angeboten hatte. Es ging dabei um das Singen vor Bildern in den Berliner Museen mit inhaltlich abgestimmten Stücken. Auch dies unter Umständen übertragbar auf Kirchenbauten und die heimische Museumslandschaft anderer Chöre.

Seine Mitgliedschöre berät der Verband also nicht nur in organisatorischen und wirtschaftlichen Fragen, sondern auch künstlerisch. Ich habe hier nur wenige ausgewählte Beispiele nennen können.

Und dieser Verband Deutscher KonzertChöre wird in diesem Jahr 100 Jahre alt - die Gründung war im Mai 2025, ich erwähnte es schon - weswegen am 10. und 11. Mai in großem Stil in Weimar gefeiert wird. 15 Chöre von Bonn bis Dresden und vom Bodensee bis Lüneburg haben sich erfolgreich zur Teilnahme beworben und werden in 5 Konzerten und kleinen Straßenmusik-Miniaturen an diesem Mai-Wochenende Weimar zum Klingen bringen. Alle Veranstaltungen kann man dem Flyer entnehmen, der vorne neben der Tür ausliegt. Es gibt über die Konzerte hinaus einen workshop, eine Podiumsdiskussion und eine Preisverleihung.

Schon heute aber findet ein großartiges Kooperationsprojekt im Zusammenhang mit dieser Jubiläumsfeier einen ersten Abschluß: Die Zusammenarbeit nämlich der Weimarer Mal- und Zeichenschule mit dem Verband Deutscher KonzertChöre, der "Chor der Bilder".

Es ist für die Chorfestivals des VDKC eine guteingeführte Tradition, nicht nur für musikalische Ereignisse zu sorgen, sondern auch für die Öffnung des Festivals in Richtung auf einen Dialog der verschiedenen Künste, besonders der Bildenden Kunst.

Diese Initiativen haben sich dabei immer als Gewinn für alle Beteiligten erwiesen - und ich hoffe, daß die Mal- und Zeichenschule das auch für das Kooperationsprojekt zu einem "Chor der Bilder" wieder so empfindet. Gerade für die jüngeren Künstler und Künstlerinnen eröffnet sich durch die Themenstellung "Chorgesang" ein bisher für sie vielleicht unbekanntes und unzugängliches Feld der sinnlichen Erfahrungen und inneren Erlebnisse. Indem sie mit dem Singen überhaupt, mit dem besonderen, dem geführten und gesteuerten Gebrauch der Stimme konfrontiert werden, können Kinder und Jugendliche Neues zu den Funktionen des eigenen Körpers erfahren. Die Rolle der Atmung, der Erfüllung des eigenen Körpers mit Klang, ja, der Erfahrung, wie der eigene Körper zum Resonanzraum eines Instruments wird, das durch die eigene Stimme zum Klingen gebracht wird, kann neue ästhetische Erfahrungen vermitteln, die die künstlerischen Leiter und Pädagogen der Mal- und Zeichenschule dann helfen können, in die bildkünstlerische Sprache zu übersetzen.

Denn jede Kunst hat ja ihre eigenen Ausdrucksmöglichkeiten, die die Lebenserfahrungen, sinnliche Erfahrungen und deren seelische Verarbeitung, in die Sprache dieser Kunst übersetzen. Bei der Übertragung von einer Kunstrichtung in die andere bleibt immer ein nicht übersetzbarer 'Rest', der nur in der Bildenden Kunst, nur in der Musik, nur im darstellerischen Ausdruck von Tanz und Pantomime oder auch nur in Sprache zum Ausdruck kommen kann.

Und so ist es auch für uns als Verband von und für Musizierende immer wieder aufschlußreich, wie Bildende Kunst uns Sängerinnen und Sänger wahrnimmt. Die Bilder schenken uns einen Blick über den Tellerrand - mit den Darstellungen konzentrierter oder verträumter, versunkener oder intensiv arbeitender Menschen. Menschen, die ihr Innerstes schon nach außen zu kehren vermögen oder Menschen, die mit den Anforderungen der Musik an den eigenen Körper ringen. Kinder, deren gemeinsamer Gesang einfach nur dem sorglosen Miteinander entspringt und sich gleichsam von selber entfaltet. Erwachsene, deren Chorproben sich zu festgesetzten Terminen abspielen und die zum Teil nicht ganz ohne Anstrengung den Vorgaben einer Komposition und dem Zusammenklang mit den anderen Stimmgruppen zu entsprechen versuchen.

Ich freue mich sehr über die vielen Kunstwerke, die all diese unterschiedlichen Erfahrungen des Singens abbilden. Als ich die Werke vorgestern sah, war ich begeistert von der erstaunlichen Qualität, die in den künstlerischen Kursen zustande gekommen ist. Ausdrucksstarke Sängerportraits, interessante farblichen Verfremdungen und grobe Schraffuren, die die künstlerische Anleitung durch die Dozenten bei den Schülerarbeiten ahnen lassen, Werke der Dozenten selber, wie die Chorprobe im Salon von Karsten Kunert, die so sehr auf Schwarz-Weiß-Kontraste setzt, daß ich sie aus der Entfernung zunächst für ein fotografisches Werk hielt, die Drucke - es ist ein bunter Strauß an Eindrücken und Ausdrucksformen, die die Ausstellung bietet. Unser herzlicher Dank geht an die Weimarer Mal- und Zeichenschule für die spontane Zustimmung zu diesem Projekt und die erfrischenden und berührenden Ergebnisse der Arbeit in den verschiedenen Kursen.

Und nun übergebe ich das Wort an Frau Dr. Fürnberg, der Leiterin der Weimarer Mal- und Zeichenschule.

Dr. Cornelie Becker-Lamers für den VDKC Weimar