Nikolaus oder Das geschenkte Leben
Ein kurzes Anspiel über die Legende von den drei goldenen Kugeln
geeignet für katholische wie evangelische Gemeinden
geeignet für Zuschauer, die glauben, dass am 6. Dezember der Nikolaus selber ihnen die Stiefel füllt wie für solche, die wissen, dass die Eltern das tun
Altersgruppe der Mitwirkenden: Grundschulalter
Aufführungsdauer ca. 15 Minuten
Uraufführung am 2. Dezember 2017 in St. Nikolaus Kornhochheim
formatierte Druckversion auf Nachfrage hier.
Personen:
Nikolaus ein junger, wohlhabender Einwohner von Patras
Chrysovalandis ein reicher Kaufmann, Nachbar des Nikolaus
Alexandra, Alkmene, Anastasia die drei Töchter des Chrysovalandis
Simela, Polyxenia, Roxana deren drei Dienerinnen
ein Bote
ein Hausdiener
ein Sonne-, Mond- und Schilderträger
Ort und Zeit der Handlung: Patras, um das Jahr 380 n. Chr. im Haus des Chrysovalandis
Chrysovalandis sitzt mit seinen Töchtern und deren Dienerinnen beim Tee, als der Hausdiener einen Gast anmeldet.
Der Hausdiener: Nikolaus, euer Nachbar, ist an der Tür, Herr.
Chrysovalandis: Nikolaus! Ich freue mich! Herein mit ihm!
Der Hausdiener verschwindet und Nikolaus tritt ein. Er sieht traurig aus.
Chrysovalandis (tritt ihm entgegen): Nikolaus! Mein Guter! Lass dich umarmen. Wie geht es deinem lieben Vater? Man sieht dir die Sorge an.
Nikolaus umarmt kurz Chrysovalandis und begrüßt auch die Töchter. Dann setzt er sich.
Nikolaus: Ich bringe keinen guten Nachrichten, Chrysovalandis ... mein Vater ist letzte Nacht gestorben. (Er birgt das Gesicht in den Händen.)
Anastasia (ruft erschrocken aus): Was für ein Unglück!
Chrysovalandis: Was für ein Verlust für unsere ganze Stadt!
Alexandra: Unser herzliches Beileid, lieber Nikolaus (Sie reicht ihm die Hand).
Alkmene: Ich bin untröstlich! Wie können wir dir helfen?
Der Hausdiener kommt mit einem Getränk herein, das Nikolaus aber freundlich ablehnt.
Nikolaus: Vielen Dank! Euer Mitleid ist mir Hilfe genug! Aber ich kann gar nicht lange bei euch bleiben - ich muss weiter und auch anderen Freunden Bescheid sagen.
In diesem Moment kommt ein schmutziger und abgerissener Bote hereingestürmt und fällt vor Chrysovalandis auf die Knie.
Der Bote (außer Atem): Herr!
Chrysovalandis (ärgerlich): Du wagst es, so in mein Haus einzudringen? Ich kann jetzt nicht. Verschwinde!
Der Bote: Verzeiht! Fedon, euer Karawanenführer, schickt mich. Ich komme aus Alara-Kalesi, der letzten Station, die die Karawane passierte. In Side ist sie nie mehr angekommen. In einem Hinterhalt wurden wir überfallen, die Bewacher getötet und die Lastkamele weggeführt. Es ist alles verloren.
Die Töchter schreien erschrocken auf und laufen zu ihren Dienerinnen.
Chrysovalandis (setzt sich fassungslos hin) Alles verloren? ... Die chinesische Seide, ... die persischen Teppiche ... und das Gold? (Er besinnt sich) Ich danke dir, Bote (zu dem Hausdiener) Bereitet ihm ein Bad und gebt ihm saubere Kleider und Essen. Er soll sich eine Woche bei uns ausruhen. (Bote und Hausdiener ins Hausinnere ab.)
Chrysovalandis (zu Nikolaus): Wenn ich überhaupt noch eine Woche lang über mein Haus verfüge. (Zur Gemeinde gewandt) Die Geldverleiher werden mir die Tür einrennen. Wenn ein Kaufmann bankrott ist, spricht sich das schneller herum als alles andere! Ich bitte dich, geh jetzt. Wir haben beide traurige Pflichten, die nicht warten können. (Er geht ab. Nikolaus bleibt noch stehen und denkt nach.)
Simela (zu Alexandra): Wirst du mich nun wegschicken?
Polyxena: Wie wird man uns anderswo behandeln?
Roxana: Ich hab so gerne hier gelebt und gearbeitet!
Alle drei: Was für ein Unglück für uns alle!
Sie ziehen sich zurück.
Nikolaus (überlegt): Oh Gott! Ein Unglück kommt selten allein! Wie geht mir ihr Schicksal zu Herzen! Ich kenne die drei ja von klein auf - sie sind wie meine eigenen Schwestern für mich. Was kann ich nur tun? Ich habe durch den Tod meines Vaters mehr Geld geerbt, als ich je ausgeben kann, und den dreien fehlt es jetzt am nötigsten! (Er überlegt) Ich könnte ihnen etwas schenken ... natürlich! Aber nein ... Chrysovalandis wäre viel zu stolz, es anzunehmen ... lieber geht er mit ihnen betteln ... ah! Mir fällt etwas ein ... ich glaube, ich weiß einen Weg! (Ab).
Alle schlafen, d.h. alle treten auf, stellen sich und legen bei geschlossenen Augen den Kopf schief in die gefalteten Hände. Ein Kind trägt einen Mond über die Bühne.
Nikolaus schleicht heran und wirft vorsichtig eine goldene Kugel ins Schlafzimmer. Dann geht er rasch davon.
Das Kind trägt eine Sonne über die Bühne. Alle wachen langsam auf.
Simela (entdeckt die Kugel): Was ist das?
Polyxena (ungläubig): Eine ... eine goldene Kugel?
Roxana (mit freudigem Staunen): Aber die ist ja aus purem Gold!
Simela: Was für ein Schatz!
Polyxena: Was für ein Reichtum!
Roxana: Jetzt ist zumindest Alexandra alle Sorgen los und kann ihren geliebten Mikis heiraten!
Die Töchter sind aufgewacht.
Alexandra: Was habt ihr da?
Alkmene: Eine goldene Kugel!
Polyxena: Sie lag mitten im Zimmer, als wir das Frühstück vorbereiten wollten.
Anastasie: Was für ein Segen!
Alexandra: Was für ein Wunder!
Alkmene: Wer war das?
Anastasia: Wer ist so gut zu uns?
Alle bleiben stehen. Ein Schild wird auf die Bühne getragen:
In der folgenden Nacht geschieht dasselbe.
Chrysovalandis (kommt mit der zweiten Kugel in der Hand auf die Bühne): Kinder! Was für ein Wohltäter ist unterwegs!
Alexandra: Er ersetzt uns heimlich, was eine Mörderbande uns genommen hat.
Alkmene (zu Anastasia): Ob er noch ein drittes Mal wiederkommen wird?
Anastasia: Lasst uns nächste Nacht wachbleiben, um zu sehen, wer es ist.
Chrysovalandis: So wollen wir es machen!
Sie richten sich im Wohnzimmer ein und scheinen sich etwas vorzulesen, um wach zu bleiben. Der Mond wird über die Bühne getragen. Da erscheint Nikolaus, wirft die dritte Kugel und will sofort wieder verschwinden. Aber alle springen auf und halten ihn fest.
Chrysovalandis: Dacht ich mir's doch! Nikolaus! Mein Bester! (Er umarmt ihn.)
Alexandra: Wie können wir dir nur danken?
Alkmene: Du hast uns gerettet!
Anastasia: Wir stehen tief in deiner Schuld!
Nikolaus: Aber nein! Ich habe für meinen Reichtum nichts getan. Ich bin so unverdient zu Geld gekommen, wie ihr plötzlich alles verloren habt. Mein Vater hätte das gleiche getan wie ich. Deshalb dankt nicht mir - dankt Gott für euer Leben.
Chrysovalandis (hakt sich bei Nikolaus unter): Erzähl uns von deinem Gott, der so gerecht ist.
Nikolaus: Das will ich gerne tun!
Der Schildträger tritt hervor und sagt zur Gemeinde:
Seither kommt der Nikolaus
zu allen Kindern nachts ins Haus,
beschenkt sie heimlich, still und leis,
denn Gott allein sei Ehr und Preis.
Hier sollte sich direkt ein Gesang der Kinder anschließen, ein Halleluja-Kanon oder Halleluja-Lied (z.B. "Glory, glory halleluja" eignet sich sehr gut für diese Altersgruppe). Es kann dann beispielsweise zum Gemeindelied "Macht hoch die Tür" übergeleitet werden. Jedenfalls sollte das Anspiel die Begeisterung der Gemeinde über die spielenden Kinder direkt auf Gott lenken - wie Nikolaus auch den Dank von sich weg auf Gott lenken will.
ENDE
© Cornelie Becker-Lamers, Weimar, Oktober/ Dezember 2017